Geschichte

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In Kürze

Das Doerner Institut wurde 1937 als eigenständiges Reichsinstitut für Maltechnik in München gegründet. Namensgeber war der Maler und Maltechniker Max Doerner (1870 – 1939), Professor an der Kunstakademie München, der sich mit seinem 1921 erstmals erschienenen Werk „Malmaterial und seine Verwendung im Bilde“ eine hohe internationale Reputation erworben hatte. 1946 an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen angegliedert und 1977 mit deren Restaurierungswerkstätten vereint, erlangte das Institut weltweite Anerkennung auf den Gebieten der kunsttechnologisch-naturwissenschaftlichen Forschung zu Maltechniken und Malmaterialien sowie der Gemälderestaurierung.

Leitungen des Doerner Instituts nach 1945:
1964–1974 Christian Wolters
1974–1991 Hubertus Falkner von Sonnenburg
1991–2001 Bruno Heimberg
2003–2017 Andreas Burmester
2017–2019 Andrea Funck
seit 2019 Eva Ortner

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Vor 1937

Die Vorgeschichte des Doerner Instituts ist eng mit den Namen Adolf Keim, Alexander Eibner und Walter Gräff verbunden. Sie reicht zurück bis ins 19. Jahrhundert. Im Historismus verband sich die Bewunderung für die Kunst der Vergangenheit mit der Technikbegeisterung der Gegenwart. Adolf Keim (1851-1913) entwickelte, angeregt durch einen königlichen Forschungsauftrag – Ludwig I. war unzufrieden mit dem Erhaltungszustand der Fassadenmalerei an der Neuen Pinakothek – witterungsbeständige Mineralfarben. Der Erfolg seiner Forschungen führte ihn 1877 zur Gründung einer chemisch-technischen Werkstätte für Wasserglas- und Wandmalereitechniken in Augsburg, die 1881 nach München übersiedelte. Wirtschaftliche Schwierigkeiten führten 1886 zur Unterstellung von Keims Versuchsanstalt für Maltechnik unter die Fittiche der 1880 begründeten Gesellschaft für rationelle Malverfahren. Doch erst eine Übernahme der Anstalt durch die Technische Hochschule sicherte 1902 ihren dauerhaften Fortbestand als Versuchsanstalt und Auskunftsstelle für Maltechnik. 1907 wird der Chemiker Alexander Eibner (1862-1935) Leiter der Versuchsanstalt, die Ecke Luisen- /Gabelsbergerstraße untergebracht war. In diesen Jahren muss Eibner dem jungen Kunsthistoriker Walter Gräff (1876-1934) begegnet sein, seit 1908 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Staatlichen Gemäldesammlung in der Alten Pinakothek. Gräff war talentierter Amateurfotograf, der die Bedeutung der technischen Fotografie für die Untersuchung von Gemälden schon 1916 erkannte. Er gehörte wie Eibner dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für rationelle Malverfahren an. Für die damalige Zeit noch ungewöhnlich, sprachen beide 1930 auf einer Fachkonferenz in Rom zur naturwissenschaftlichen Untersuchung und Konservierung von Kunstobjekten. Die mit der nahenden Pensionierung Eibners drohende Schließung der Versuchsanstalt an der Technischen Hochschule ließ Gräff 1932 eine Denkschrift für eine Untersuchungs- und Forschungsanstalt für Gemälde und andere Werke der bildenden Kunst formulieren. Sie nahm die heutige Gestalt des Doerner Instituts in wesentlichen Zügen vorweg. Da die Reaktion übergeordneter Stellen abwartend war, blieb Gräffs Schrift eine Vision. Nach seinem Tod 1934 und nach dem Tod Eibners im darauffolgenden Jahr wurde die Versuchsanstalt aufgelöst.

Walter Gräff, Selbstportrait in seiner "Untersuchungsstelle", um 1933
Walter Gräff
Alexander Eibner
Alexander Eibner

Zwischen 1937 und 1945

Gräffs Ziele zu verwirklichen gelang bald darauf Max Doerner (1870-1939). Selbst Maler, Verfasser des einflussreichen Buches Malmaterial und seine Verwendung im Bilde und damals Professor für Maltechnik an der Akademie der Bildende Künste entwickelte er schon 1934 unter Rückgriff auf Denkschriften von Gräff und Eibner Pläne für ein Reichsinstitut für Maltechnik. Gegründet wurde es 1937 mit dem Zusatz Doerner-Institut als Staatliche Prüf- und Forschungsanstalt für Farbentechnik mit den Abteilungen Physikalische Chemie, Maltechnik und Kunsthistorik. Doerner übernahm auch die Leitung des neuen Instituts, das in der Leopoldstraße 3 neben der Akademie der Bildenden Künste untergebracht war. Als Reichsinstitut war es unmittelbar der Reichskammer der bildenden Künste unterstellt.
Die frühe Institutsgeschichte ist geprägt vom Nationalsozialismus, so fand die Eröffnung am 19. Juli 1937 gleichtägig mit der der Propagandaausstellung „Entartete Kunst“ statt. In der Nachkriegszeit wurden kaum Anstrengungen unternommen, diese Geschichte aufzuarbeiten. Erst der wichtige Fund aller Akten des Doerner-Instituts aus der Zeit des „Dritten Reichs“ im Jahr 2005 sowie weiterer Dokumente aus jüngst übernommenen Nachlässen ermöglichten und veranlassten die Rekonstruktion der Historie des Instituts und der zentralen Rolle seines Gründungsvaters. In seinem 2016 erschienenen Buch „Der Kampf um die Kunst. Max Doerner und sein Reichsinstitut für Maltechnik“ (Schriftenreihe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, böhlau Verlag) vermittelt Andreas Burmester einen minutiös recherchierten Einblick in den Mikrokosmos des Instituts, das der Reichskammer der bildenden Künste, der Reichskulturkammer und somit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt war. Die Publikation umfasst jedoch eine weit größere Zeitspanne von 1910 bis in die Mitte der 50er Jahre. Der Bogen reicht somit vom Ende des Kaiserreichs über den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die Anfänge des „Dritten Reichs“, den Zweiten Weltkrieg, die Zerstörung Münchens, die Jahre der Entnazifizierung und den beginnenden Wiederaufbau bis hin zu einem Leben in einem demokratischen Staat. 
Zentrale Figur der ersten Jahre ist Max Doerner. Burmester beschreibt ihn als begabten Maler des bayerischen Voralpenlandes, als eine äußerst bescheidene, einsame, von diversen Krankheiten gezeichnete „Kämpfernatur“. Zugleich aber auch als charismatischen Lehrer einer ganzen Generation von Künstler:innen, von seinen Schüler:innen grenzenlos bewundert, von seinen Gegnern gehasst.  In seinem Institut folgen auf eine komplexe Gründungsphase Jahre fruchtbarer Tätigkeit an einer Vielzahl von Themen. Darunter vor allem eine Künstlerwerkstoffverordnung: Nach den „Verfallserscheinungen der Systemzeit“ soll der deutschen Künstlerschaft endlich das Rüstzeug in die Hand gelegt werden, das die maltechnischen Fehler des 19. Jahrhunderts vermeidet. Weitere Themen sind die Entlarvung von Fälschungen – darunter Guardi, Spitzweg und ein angeblicher Raphael für Hitler – sowie prominente Konservierungskampagnen in Naumburg und auf der Wartburg.  
Adolf Ziegler, in den Augen führender NS-Größen der Maler „unserer Weltanschauung“, von Hitler entdeckt und gefördert, verantwortet in der zweiten Hälfte der 30er Jahre die Durchführung der Aktion „Entartete Kunst“. Doerners Tod im Jahre 1939 gab ihm die Gelegenheit, die Leitung des Doerner-Instituts an sich zu ziehen. Dort entledigt er sich umgehend ‚unbequemer‘ Mitarbeiter:innen, beraubt so das Institut großer Begabungen und führt die Einrichtung bis zu seiner Inhaftierung im Konzentrationslager Dachau im Jahr 1943 in eine dunkle Zukunft: „Kriegswichtige“ Arbeiten für die Künstlerwerkstoffverordnung, die Suche nach Ersatzstoffen in einer Kriegswirtschaft, ein Andienen an das „Ahnenerbe“ – einer Forschungseinrichtung der SS –, kunsttechnologische Forschung an „Bergungsgut“ des „Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg“ und Pläne für einen Restaurierungskursus für kriegsversehrte Künstler:innen sind die bis zum Kriegsende bestimmenden Wegmarken. Die Erforschung der Maltechnik und ihre Beherrschung als Zeichen künstlerischer Qualität ließ sich dabei nur allzu leicht für die Propaganda der NS-Ideologen instrumentalisieren. Hatte schon Max Doerner eine Kunst ohne Maltechnik bekämpft, missbrauchte Adolf Ziegler sie zur Verunglimpfung zeitgenössischer Künstler:innen als „Nichtskönner“.

Max Doerner, 1930er Jahre
Max Doerner (1870 - 1939)
Das Doerner Institut vor dem Zweiten Weltkrieg
Das Institutsgebäude vor 1937

1945 bis 1977

Das am 31.03.1946 verwaltungstechnisch den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen eingegliederte Institut ändert sein Themenspektrum: Pläne für eine Restauratorenschule unter Reinhard Lischka zerschlagen sich, Mitarbeiter wie Heinrich Neufang sind im Wiederaufbau als Restauratoren abgeordnet, andere wie der Kunsthistoriker Dr. Fritz Haeberlein oder der Chemiker Dr. Friedrich Müller-Skjold müssen das Institut als politisch belastet verlassen. Einzig das von Dr. habil. Heinz Roßmann geleitete Labor blüht auf: Nach einer regen Tätigkeit in der Materialprüfung und der Anstrichtechnik u. a. für die amerikanische Militärregierung beendet dieser Mitte der 50er Jahre seine Tätigkeit, die maltechnische Abteilung wird 1962 aufgelöst. 
1964 übernimmt Christian Wolters die Leitung des Doerner Instituts, das damals aus einem kleinen Labor und einer Restaurierungswerkstatt bestand. Wolters richtete das Institut außerordentlich erfolgreich kunsttechnologisch aus und verschaffte der Einrichtung weltweite Anerkennung. 1974 folgt der Restaurator und Kunsthistoriker Hubertus Falkner von Sonnenburg Wolters als Institutsdirektor nach. Der Initiative Sonnenburgs ist zu verdanken, dass 1977 die Restaurierungswerkstätten der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mit denen des Doerner Instituts zusammengelegt wurden.

1977 bis heute

Nach dem Neubau der Neuen Pinakothek (1981) bezieht das Doerner Institut dort seine heutigen Räumlichkeiten. Das 1988 in der Alten Pinakothek verübte Säureattentat auf die Gemälde Albrecht Dürers stellt das Institut vor große Herausforderungen und erfordert jahrelange Restaurierungsmaßnahmen, denen die Entwicklung neuer naturwissenschaftlicher Behandlungskonzepte auf Basis von Ionenaustauschern voranging. 1990 übernimmt Bruno Heimberg die Leitung des Institutes. Unter seiner Führung erweitert sich das Spektrum der Tätigkeiten um Bauangelegenheiten und Sicherheitsfragen, die Depots, Schreinerei und Rahmenrestaurierung werden angebunden, jedoch noch nicht Teil des Institutes. 1994 beteiligt sich das Doerner Institut erstmals mit kunsttechnologischen Forschungsinhalten an der Dürer-Ausstellung in der Neuen Pinakothek.
Immer wieder stand die Entwicklung verbesserter Untersuchungsmethoden im Fokus der Forschungsarbeiten. Einen Meilenstein stellt in den 1990er Jahren die in Kooperation mit der National Gallery London erfolgte Entwicklung des so genannten Vasari-Scanners für die hochauflösende analoge und später digitale Infrarotreflektographie dar. Seit 1998 kooperiert das Institut eng mit dem Lehrstuhl für Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft an der Technischen Universität München und ist damit in der Hochschulausbildung von Restauratoren eingebunden. 2003 wird Andreas Burmester Direktor des Instituts. Seit Anfang 2004 gehören auch alle Depots, die Rahmenrestaurierung, die Museums- und Ausstellungstechnik und die Schreinerei zum Doerner Institut. Die Zahl der Mitarbeiter steigt damit auf über 50. Die Präventive Konservierung wird als eigenständiges Arbeitsgebiet eingeführt. 
Im Jahr 2017 übernimmt Andrea Funck für kurze Zeit die Institutsleitung und initiiert die Entwicklung eines modernen Leitbildes. Im August 2019 wurde die langjährige Leiterin der Restaurierungsabteilung, Eva Ortner, neue Direktorin des traditionsreichen und in Deutschland einzigartigen Museums- und Forschungsinstituts.

Nach dem Säureattentat auf Werke Albrecht Dürers in der Alten Pinakothek
Nach dem Säureattentat 1988 auf Werke Albrecht Dürers in der Alten Pinakothek
Der ehemalige Direktor des Institutes, Bruno Heimberg, beim Restaurieren von Dürers Paumgartner-Altar
Der ehemalige Direktor des Instituts, Bruno Heimberg, bei der Restaurierung von Dürers Paumgartner-Altar